Freitag, 21. Dezember 2012

Sorry zu spät

Sorry, zu spät
oder
Sorry zu spät - ohne Komma

Ich kam zu spät, mit dem (zu) späten Sorry.

Du darfst dir einreden, dass du im Recht bist. Du darfst dir die eigene Wahrheit zurechtlegen wie eine vorbezahlte Nutte, sie nach deinen Vorstellungen rannehmen, die kleinen süssen Gemeinheiten aus ihr stossen, sie benutzen als dein Mittel gegen die von tief unten anschleichende Gewissheit, zu lügen.

Keiner wundert sich, wenn du dich als Opfer von abstrusen Verschwörungen oder permanenter Kritik siehst. Deine Lebenserfahrung gilt fast immer als Passe-partout für bornierte Gesetze, die du über dein Scheitern nagelst mit harten, hasstriefenden Holzbrettern ans Uhrwerk, das grosse, gewaltige.

Dutzende Paare trennen sich. Wo die Liebe hinfällt, findet sie auch Fluchtwege, Schlupflöcher. Was sich einst schwor eins zu sein, spaltet irgendwann das innerste Atom wegen anderer Kleinigkeiten. Die Geschichten, du kennst sie alle. Von der fremden Person im Bett bis zum schwindenden Traum, vom erloschenen Feuer bis zum urkundenfälschenden Traumprinzen mit Doppelleben. Wenn das Zahnrad der Trennungsgründe einrastet, mögen zwar zwei verschiedene Uhrzeiten angezeigt sein, aber die Stunde schlägt, gegen alle Willen, in jeder Logik.

Die Zeit fliesst weiter, die Uhren fliessen weiter, neue Rädchen beleben den Schwung. Neue Zeitabschnitte lassen neue Zeitreisende mitfliessen, man entwickelt, sich, Gefühle, neue Lebensstränge, neue Begleitung, neue Leitung. Die Zeit ist Heil und Zuflucht, Wunder und liebevoller Aufbautrainer.

Zeitsprung. Wo ich dachte, meine Zeit sei gekommen, kam die Zeit mich ranzunehmen. Zur vollen Stunde, ruckt, springt zurück, will Vergangenheit sein, stellt Fragen zur Richtigkeit des Verlaufs.

Du darfst dir einreden was du willst, aber du kannst dich nicht rausreden, wenn die Zeitung in der neuen Auflage plötzlich anders abrechnet.

Das hast du dir anders vorgestellt. Das Pendel bleibt stehen. Ein Mann im weissen Kittel betritt dein Atelier, knallt dir die Fakten auf den Tisch und gibt dir einen Auftrag: zähl rückwärts. Geh, ganz langsam, mit dem Zeigefinger auf dem Verlauf der gemeinsamen Fotostrecken nach hinten. Versuch dich ganz genau zu erinnern, wer du einmal warst, wem du wer warst und was aus dir wurde währenddessen. Lass dir keine Zeit, beginn, such den Fehler bei dir, an dir, in dir. Die Uhr ist geduldig, aber wenn sie springt, will sie dir einen Sprung zeigen. Er findet sich dort, wo dein Bild von dir zu verzerren beginnt, wo du aufbegehrst, wo du zum Trugbild mutierst, wo du mit dem Finger auf andere Stränge zeigst und dich auf Sinuswellen verlierst und die Wahrheit zu biegen beginnst.

Falls du deine Wahrheit verbogen hast, deine Wahrheit in Wahrheit einen Bogen macht, du dich verloren hast, dann, ja dann bist du richtig hier.

Sieh dich an, Meister über dein eigenes Recht, Erfinder der Gesetze, schäbiger Dieb mit verschobener Optik, sie es dir an. Du warst es, du hast dich verloren, dich weggestohlen und mit dem Finger von dir weggezeigt während alle, aber gar alle es anders erlebten.

Es gnade dir Gott am Tag an dem du verstehst, dass du die Schuld trägst am Ende des schönsten gemeinsamen Traums. Kommst du dann zu spät, wird der Zeiger für immer an dieser Stelle springen.


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